Testosteron-Ersatztherapie: Wundermittel oder riskante Modeerscheinung?

Geschrieben von Dr. Jan Kunde Zuletzt aktualisiert: Freitag, 07 Dezember 2018
Testosteronersatztherapie - Wundermittel beim Anti-Aging für Männer? © kite_rin - Fotolia.com
Testosteronersatztherapie - Wundermittel beim Anti-Aging für Männer? © kite_rin - Fotolia.com

Testosteron-Ersatztherapie bei zu niedrigem Testosteronspiegel: Ein Wundermittel oder riskante Therapie?

Eine Testosteron-Ersatztherapie verspricht wahre Wunder: der Körperfettanteil wird geringer, die Muskelmasse nimmt zu, die Lust auf Sex und die Potenz steigen und sogar die Gedächtnisleistung verbessert sich – ein wahres Anti-Aging Wunder für Männer. Doch was ist dran an den Versprechen und für wen eignet sich die Therapie?

Wechseljahre beim Mann?

Testosteron wird hauptsächlich in den Hoden produziert und gilt als das männliche Hormon schlechthin. Es ist verantwortlich für die Spermienproduktion, den Sexualtrieb, starke Knochen, den Aufbau von Muskeln, wenig Fett und die Leistungsfähigkeit.

Man spricht bei Männern von einer Andropause – angelehnt an die Wechseljahre (Menopause) bei Frauen. Aber eigentlich ist der Begriff etwas unpassend, da die Menopause bei Frauen eher ein plötzliches Ende der Produktion der weiblichen Sexualhormone (Östrogen) beschreibt, während die Testosteron-Produktion beim Mann kontinuierlich geringer wird. Ab dem Alter von 30 Jahren nimmt die Testosteronproduktion jährlich um etwa 1% ab, so dass Männer im Alter einen deutlich geringeren Testosteronspiegel haben als in jungen Jahren. Doch ab wann spricht man von einem Testosteronmangel-Syndrom (medizinisch: Hypogonadismus)?

Bestimmung des Testosteronspiegels

Die Menge des Testosterons wird üblicherweise mit einem Bluttest bestimmt. Die Testosteronproduktion unterliegt einem natürlichen Zyklus: morgens ist der Testosteronspiegel am höchsten und fällt dann im Laufe des Tages ab. Deshalb ist es wichtig, dass Ihr Arzt das Blut am frühen Morgen abnimmt. Außerdem wird Ihr Arzt vielleicht noch weitere Untersuchungen durchführen, wie eine Bestimmung der Knochendichte und eine Analyse der Körperzusammensetzung, um sich ein Gesamtbild zu machen.

Die Symptome eines Testosteronmangels

  • starkes Schwitzen (besonders morgens)
  • Abnahme der Libido (sexuelles Verlangen)
  • Erektionsstörungen (erektile Dysfunktion / Impotenz)
  • Antriebsschwäche bis hin zu leichten Depressionen

Wie kann man den Testosteronspiegel medikamentös erhöhen?

Wenn bei Ihnen ein Testosteronmangel festgestellt wurde, alle anderen möglichen Ursachen ausgeschlossen sind und bei Ihnen keine Gegenanzeigen, z.B. ein Prostatakrebs oder Atemaussetzer während des Schlafens (Schlafapnoe) vorliegen, ist eine Testosterontherapie eine mögliche Therapieroption, die Ihnen Ihr Arzt verschreiben kann.

Testosterongel

Das Gel ist relativ neu in der Testosteronersatztherapie. Es ist eine sehr gut verträgliche Alternative zu Injektionen und ganz besonders am Anfang sehr gut geeignet, um die Verträglichkeit zu testen. Das Gel wird einmal täglich dünn auf die Haut aufgetragen– am besten natürlich morgens, um den natürlichen Testosteronspiegel abzubilden. Die Haut wirkt wie ein kleines Reservoir und das Testosteron wird dann über den Tag verteilt aufgenommen.

Testosteron-Injektionen

Injektionen werden neben den Gelen häufig eingesetzt im Rahmen der männlichen Hormonersatztherapie. Es gibt sogenannte Depotspritzen, die 3 Monate wirksam sein sollen und solche mit kürzerer Wirksamkeit. Da jeder das Testosterondepot unterschiedlich schnell abbaut, ist es wichtig, den Testosteronspiegel zwischendurch zu prüfen - ganz besonders vor einer neuen Injektion. Das Testosteron wird über das Depot kontinuierlich an den Körper abgegeben und der Tagesrhythmus lässt sich etwas schlechter nachempfinden als mit Gelen.

Pflaster, Kapseln und andere Depots

Neben den Gelen und den Injektionen gibt es noch andere Formen der Testosterontherapie, die aber oft nicht ideal sind. Pflaster führen zu Hautirritationen und Reizungen und wurden in Deutschland mittlerweile vom Markt genommen. Bei der Einnahme von Kapseln geht ein großer Teil des Testosterons durch die Verstoffwechselung in der Leber verloren oder es entstehen sogar unerwünschte Abbauprodukte. Depots müssen in der Regel wieder entfernt werden.

Gesundheitliche Risiken einer Testosteronersatztherapie

Das Testosteron ist ein hochwirksames körpereigenens Hormon. Deshalb bleibt eine Therapie auch nicht ohne Nebenwirkungen. Besonders bei jungen Männern kann die Zeugungsfähigkeit deutlich reduziert werden und die Hoden schrumpfen, da sie nicht mehr für die gesamte Testosteronherstellung benötigt werden. Dies sind aber in aller Regel Probleme bei einer unsachgemäßen Einnahme, ohne dass ein Testosteronmangel vorliegt. Denn Testosteron wird gern zur Leistungssteigerung und zum Muskelaufbau eingesetzt - mit oft gefährlichen Folgen. Im fortgeschrittenen Alter ist die Familienplanung meistens abgeschlossen und wir betrachten die möglichen Nebenwirkungen einer ärztlich begleiteten Therapie bei echtem Hypogonadismus.

Prostatakrebs durch eine Testosteronersatztherapie?

Lange war die Studienlage unklar. Eine schwedische Registerstudie hat das Risiko für die Entstehung von Prostatakrebs durch die Testosteronersatztherapie untersucht und gibt Entwarnung. Die Wissenschaftler haben zu Beginn der Behandlung eine leichte Zunahme der Diagnosen von Prostatakarzinomen festgestellt. Sie erklären dies durch gründlichere und häufigere Untersuchungen bei einem Urologen vor und während der Hormontherapie. Viele Männer waren überhaupt zum ersten Mal bei einem Urologen wegen Ihres Wunsches nach einer Testosterontherapie. Im Verlauf der Studie waren diese Männer sogar im Vorteil, denn in der Gruppe der Männer ohne Testosterontherapie wurden die Tumore häufig erst später gefunden und waren weiter fortgeschritten und aggressiver.

Höheres Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall durch Testosteron?

Die kardiovaskulären Risiken einer Testosteronbehandlung sind immer noch nicht abschließend geklärt. Neuere Daten scheinen jedoch eher keinen oder einen nur geringen Zusammenhang zu zeigen. In einer amerikanischen Studie mit über 7000 Männern konnte kein höheres Risiko für neu aufgetretenen kardiovaskuläre Erkrankungen Risiko gezeigt werden. Und auch eine Gesamtanalyse von 23 Studien konnte keinen relevanten Zusammenhang zeigen.
Um die Frage abschließend zu klären, müssen jedoch noch Langzeiterfahrungen gesammelt werden.

Wer benötigt eine Testosteron-Substitution?

Ein echter Testosteronmangel ist wesentlich seltener als oft geglaubt. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) geht davon aus, dass nur drei bis fünf Prozent aller Männer über 60 Jahre unter einem echten Testosteronmangel leiden. Dennoch hat sich die Zahl an Testosteronersatz-Therapien seit 2001 verdreifacht. Besonders häufig ist der Einsatz in den USA – 4 % der 60-jährigen Männer erhalten dort eine Testosteronersatztherapie.

Was Sie selbst tun können für einen höheren Testosteronspiegel

Der Feind des Testosterons ist das Bauchfett. Bauchfett ist nicht einfach nur "da", sondern hormonell überaus aktiv. Die Fettzellen produzieren unter anderem das Enzym Aromatase, das sogar aus vorhandenem Testosteron das weibliche Östrogen herstellt. Das bedeutet, dass bei übermäßigem Bauchfett-Anteil sogar eine Testosteronsubstitution das Gegenteil bewirken kann und der Östrogen-Spiegel ansteigt.

Am wirksamsten hat es sich deshalb erwiesen, das Bauchfett durch gezielte Ernährungsumstellung und Sport zu reduzieren. Wer schnell und effektiv etwas gegen das lästige Hüftgol unternehmen und gleichzeitig, das Testosteron erhöhren möchte, der sollte sich für ein effektives Sport- und Ernährungsprogramm entscheiden. Mit jedem Zentimeter an Bauchfett, das verschwindet, werden lästiges Schwitzen und Antriebslosigkeit weniger und die Libido größer! 

Kommentare (5)

  • Anonym

    31 Januar 2019 um 17:59 | #

    Good blog you have got here.. It's difficult to find quality
    writing like yours these days. I truly appreciate people like you!
    Take care!!

    antworten

  • Krumpi

    15 März 2019 um 20:57 | #

    Ein sehr aufschlussreicher und angenehmer Beitrag!

    antworten

    • Jan Kunde

      18 März 2019 um 09:22 | #

      Vielen Dank für das freundliche Feedback!

      antworten

  • Marc

    11 April 2019 um 08:02 | #

    Artikel interessant - aber wenn Studien genannt werden, dann bitte auch in einem Quellenverweis angeben. Ansonsten sind das nur Behauptungen des Autors.

    antworten

    • Jan Kunde

      16 April 2019 um 08:22 | #

      Da stimme ich Ihnen voll und ganz zu! Deshalb ist jede erwähnte Studie mit einem Link unterlegt, der direkt zur Publikation der Studienergebnisse führt.

      Ihr Jan Kunde

      antworten

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