Anti-Aging durch Hormesis: 15 Jahre länger leben

Buchrezension
Alt werden oder jung bleiben – warum nicht beides?
Mit dieser Frage begleitet uns Deutschlands wohl bekanntester Anti-Aging-Mediziner Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk in seinem Buch 15 Jahre länger leben: Die 7-Säulen-Anti-Aging-Strategie nach dem Hormesis-Prinzip (Verlag Gräfe und Unzer, 2017) durch die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Thema Anti-Aging.
Anti-Aging war DAS Thema in den 1990er Jahre. Doch wurde seinerzeit viel versprochen, wenig gehalten und letztlich genoss das Thema einen zweifelhaften Ruf. Heutzutage erlebt Anti-Aging jedoch eine wahre Renaissance. Und das zurecht – basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem Wunsch, lange gesund und aktiv zu leben, geht es nicht mehr um die ewige Jungend, sondern um ein aktives und bewusstes Altern.
Der Autor ist Präsident des größten europäischen Anti-Aging Verbandes, der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Anti-Aging Medizin GSAAM und hat sieben grundlegende Säulen identifiziert, die er als Ursache für zahlreiche Alterserscheinungen und Zivilisationskrankheiten betrachtet:
1. Oxidation – Nutzen und Schaden durch freie Radikale
2. Glykosilierung durch zuviel Zucker
3. Chronische Entzündungen
4. Fehlender Antrieb durch einen Mangel an Hormonen
5. Eine Dysfunktion unserer Zellkraftwerke – der Mitochondrien
6. Genetische und epigenetische Schädigungen
7. Verkürzung der Enden unserer DNA, der Telomere
Das Prinzip der Hormesis - Reize und Gifte wohldosiert
Um Abhilfe zu schaffen, zieht der Autor das Prinzip der Hormesis heran. Schon Paracelsus wusste „die Dosis macht das Gift“ und darauf beruht auch das Prinzip Hormesis: in kleinen Dosierungen stärken uns schädliche Substanzen oder schädigende Umwelteinflüsse. Dauerhaft im kalten Wasser zu liegen, führt schnell zum Tode – ein kurzes Bad soll jedoch abhärten. Sport ist überaus gesund – setzt er doch Reize, die den Muskel minimal verletzen, um dann in der Regeneration zu wachsen.
Hormesis meint also das Prinzip, in allerkleinster Dosis schädigende Reize zu setzen, um den Körper dadurch zu trainieren und Prof. Kleine-Gunk führt Krankheiten wie Krebs, Demenz und Osteoporose auf eine Übersättigung und oft fehlende Anreize im Sinne der Hormesis zurück. (s. auch Hormesis: Das Prinzip der Widerstandskraft. Wie Stress und Gift uns stärker machen).
Sirtuine - viel Lärm um Anti-Aging Enzyme
Ein weiteres Gebiet der Hormesis ist das Gebiet der Ernährung. Obst und Gemüse enthalten demnach minimale Mengen an Giftstoffen, um z.B. Fraßfeinde abzuwehren. Doch genau diese geringen Dosen des Giftes trainieren unseren Körper im Kampf gegen Umweltgift und Krankheit. Dass dieser Cocktail an Substanzen und Vitaminen für die gesunde Wirkung von Obst und Gemüse verantwortlich ist und nicht etwa die Einnahme einzelner Vitamine, ist mittlerweile allgemein akzeptiert. Der Anreiz aus fremden Giften, wird Xenohormesis (xeno = fremd) genannt. Es hat sich mittlerweile eine eigene Wissenschaft darum entwickelt. Man postuliert, dass diese geringen Giftmengen eine ganze Gruppe an Enzymen aktiviert – die sogenannten Sirtuine, die mittlerweile einen Hype als Anti-Aging-Enzyme erfahren.
Neuer Trend SIRT-FOOD
Es gibt sogar einen neuen Food-Trend, die SIRT-Food Diät. Mithilfe dieser SIRT-Ernährung kann man angeblich Krankheiten von Krebs über Diabetes bis Alzheimer den Kampf ansagen. Wie bei allen bisherigen Hypes wird auch hier sicher alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Was genau dran ist an den Sirtuinen, muss noch weiter untersucht werden – denn bislang fußen die meisten Forschungsergebnisse auf Bakterien und Mäusen. Der Autor zumindest scheint überzeugt, durch genügend starke Anreize mit SIRT-Food den Kampf mit Krebs und dem Altern aufnehmen zu können.
Alter Wein in neuen Schläuchen?
Doch wer nun glaubt, eine ganz neue Patentlösung gegen das Altern zu finden, wird enttäuscht. Letztlich läuft es auf die längst bekannten Grundsätze einer gesunden Lebensführung hinaus. Wer sich ausreichend bewegt, tut sich Gutes. Maßhalten und ein normales Gewicht, nicht rauchen und wenig Alkohol – all das gehörte schon immer zu den Gewohnheiten, die uns weniger altern lassen. Schön zu wissen, dass die minimalen Muskelverletzungen erst das wahre Wachstum bringen. Obst und Gemüse sind gesund – viel gesünder als Zucker und einfache Kohlenhydrate. Auch dies ist keine neue Erkenntnis – SIRT-Food hin oder her.
Ist das Buch eine Empfehlung wert?
Ich meine ja, denn es beleuchtet das Thema Anti-Aging noch einmal auf eine ganz neue Weise und liefert viele neue Erkenntnisse, die es uns leichter machen, die Hintergründe des gesunden Lebens zu verstehen. Wer wissenschaftlich interessiert ist, für den bietet dieses Buch eine Fülle an Hintergrundwissen. Krankheiten werde im Detail beleuchtet, Experten kommen zu Wort. Und vor allem: Anti-Aging ist ein ernstzunehmendes Thema, das eine wissenschaftliche Betrachtung verdient hat – das zeigt dieses Buch sehr deutlich.
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